Heute vor 100 Jahren: Studis werden Mitglied des Senats (naja, jedenfalls so halb)
Die Geschichte der studentischen Mitbestimmung an der Universität Heidelberg ist ebenso zäh wie frustrierend. Einer der wenigen Erfolge ereignete sich vor exakt 100 Jahren: Am 20. Oktober 1919 gab der Engere Senat der Universität Heidelberg einem Antrag des AStA statt, “daß Vertreter der Studentenschaft gehört werden sollten, wenn Angelegenheiten der Studenten im Engeren Senat behandelt würden”, wie der langjährige Universitätsarchivar Hermann Weisert berichtet (S. 117).
Der neue Modus Operandi sah also erstmals eine Mitgliedschaft von Studierenden im wichtigen Organ der akademischen Selbstverwaltung vor – wenn auch nur situativ, nur mit beratender Stimme und unverhohlen als Mitglied zweiter Klasse. Es sollten “zwei Vertreter gewählt werden und sich auf Aufforderung einfinden”, wie Weisert vielsagend notiert.
Einen echten Durchbruch bedeutete der 20.10.1919 also nicht. Es sollte allerdings noch sehr lange dauern, bis sich überhaupt so etwas wie ein vergleichbarer Erfolg wiederholte. Sieht man von dem fatalen Einfluss ab, den der “Führer der Heidelberger Studentenschaft” Gustav Adolf Scheel ab 1933/34 als “Mitglied des Führungsstabes des Rektors” erwarb – den er freilich nicht im Sinne aller Studierenden auszuüben gedachte, sondern sich als Advokat aller arischen und parteitreuen StudentInnen verstand und alle unliebsamen Kommiliton*innen aus der Hochschule drängte –, so sollte es noch ziemlich genau 50 Jahre dauern, bis den Studierenden erstmals eine vollwertige Mitgliedschaft samt echtem Stimmrecht eingeräumt wurde. Bezeichnenderweise wurde auch das damals als Niederlage empfunden, da man eine paritätische Mitbestimmung für überfällig und angemessen empfand, aber mit derartigen Überlegungen auf Granit biss.
Im Jahre 2019 ist man im Grunde noch nicht viel weiter: Die Studierenden verfügen im Senat nur über 4 der 39 Stimmen, und in Sachen Transparenz ist man ohnehin auf dem gleichen Stand wie 1919. Oder versucht mal, als normaler Studi einer gewöhnlichen Senatssitzung beizuwohnen, oder auch nur auf die Protokolle zuzugreifen…
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